Romantischer Sonntagsausflug 

 

Franz Radziwill, Vertreter des Magischen Realismus, zeigt sich hier von einer ungewöhnlichen Seite: er nutzt das Mittel bitterer Ironie! Denn dieser Sonntagsausflug ist alles Andere als romantisch.

Wir finden uns in einer unwirtlichen Welt wieder, die gewissermaßen am Scheideweg steht. Ich sehe das verdeutlicht durch den schmalen Grat, auf dem sich die sechs Spaziergängerinnen bewegen. Er wird begrenzt durch eine offenbar menschlich erzeugte Vertiefung. Ist es vielleicht sogar eine Absenkung durch einen eingestürzten Bergwerksstollen? Nur eine schmale Planke führt von hier hinüber in eine Welt der Moderne, der Industrie, der Zukunft.

Die Architektur unserer Tradition verblaßt und zerfällt zu Ruinen. Den Weg über diese Planke nehmen die sechs Sonntagsspaziergängerinnen erst einmal nicht. Sie betrachten etwas, dessen Anblick uns verborgen bleibt. Wird sie ihr Weg in den dunklen Tunnel führen? Oder werden sie doch über die schmale Planke in die Welt der Zukunft gehen? Im hellen Licht des Tages erscheint dort eine gewaltige Industrieanlage, wohl ein Hochofen. Überproportional groß steht dort vor ein Vogel. Wer jetzt eine eindeutige Erklärung erwartet, den muß ich enttäuschen. Das Wesen des Magischen Realismus ist die Magie, die Kraft des Unerklärlichen! Hier fordert Franz Radziwill unsere Assoziationskraft heraus.  Lediglich seine Skepsis gegenüber der Welt der Zukunft ist hier offensichtlich. Wir sind aber mittlerweile in dieser Zukunft angekommen. Und zurückblickend können wir feststellen: Franz Radziwills Skepsis war und ist berechtigt.